Pierre Nobs gehört zu den Menschen, die schon immer ein wenig gegen den Strom schwammen. 1990 gründete im zürcherischen Volketswil die Uhrenfirma Ventura, die sich voll dem modernen Design verschrieb. Anfangs waren dies auf das absolut Minimale reduzierte Quarzuhren, später architektonisch gestaltete mechanische Chronometer, aber stets waren da auch sehr spezielle Digitaluhren.

Die schlicht „Watch“ getaufte Uhr des dänischen Designers Flemming Bo Hansen war während Jahren ein Renner – sie bestach durch ihr kantiges, gradliniges Design mit grosser Anzeige von Stunden und Minuten. Die Uhr wurde in die permanente Designsammlung des Museum of Modern Art New York aufgenommen und erreichte Kultstatus.

Namhafte Designer arbeiteten in der Folge für die innovativen Zürcher, unter anderen Hannes Wettstein oder auch der legendäre Schriftengestalter Adrian Frutiger.
Einen weiteren Meilenstein lancierte Ventura mit der „Sparc“, der bis heute einzigen automatischen Digitaluhr der Welt. Ihre Energie bezieht sie aus einem Rotor, wie man ihn bei Automatikuhren findet. Der Rotor überträgt die durch Körperbewegungen entstehende Energie auf einen Generator. Der erzeugte Strom wird von einem Akku gespeichert, welcher der Uhr zu einer Gangreserve von bis zu drei Monaten verhilft.

Fokussierung auf die Digitaluhr
Im Mai 2006 setzt Nobs mit seiner Ventura einen lange gereiften Entschluss um: Ab sofort produziert die Firma nur noch Uhren mit digitaler Zeitanzeige. Dies notabene in einer Zeit, in der die Uhrenbranche mit ihren mechanischen Uhren einen Exportrekord nach dem anderen verkündet. Darauf angesprochen sagt Pierre Nobs provokativ: „Wir wollen Produkte für dieses Jahrhundert schaffen, und nicht solche mit einer Technologie aus dem letzten Jahrtausend. Mechanische Uhren sind unzuverlässig, ungenau und anfällig. Innert 5 Jahren müssen sie praktisch alle einmal überholt werden. Seit 2000 produzieren wir die Sparc – wir haben mit diesem Modell einen Bruchteil an Problemen, verglichen mit den mechanischen Uhren.“ Nobs weiter: „Unzählige Marken sind in den letzten Jahren auf den Markt gekommen. Die meisten verbauen fixfertige analoge Mechanik- oder Quarzwerke von ETA. Da die Anordnung von vielen Elementen für die Zeitanzeige vorgegeben ist, lassen sie dem Designer nur eingeschränkten Spielraum. Mit der Produktion von digitalen Uhren sind darum vollkommen andere Gestaltungskonzepte möglich.“ Paradebeispiel ist die neu lancierte v-tec Sigma, die in ihrem futuristischen, aber sehr ergonomischen Design ein wenig an die Stromlinienhelme der Tour-de-France-Zeitfahrer erinnert.

Keine Billigprodukte.
Ventura hat in den letzten Jahren viel Energie und Geld in neue Entwicklungen im digitalen Bereich gesteckt. Ein weiterer Meilenstein in der Geschichte war 2003 die Lancierung des Modells v-tec Alpha. Diese wiederum vom Designer Hanners Wettstein gestaltete Uhr glänzte neben ihrer charakteristischen Form durch eine vollkommen neue Benutzerführung namens „EasySkroll“. Wo die billige digitale Massenware aus Fernost mit möglichst vielen Knöpfen und Drückern daherkommt, werden die Funktionen der neuen Ventura-Modelle (Stoppuhr, Countdown, Wecker oder 2. Zeitzone) intuitiv mit dem „Scroll-Zylinder“ angesteuert und bedient. „Wir wollten ein System schaffen, das man auch ohne das Lesen der Gebrauchsanweisung begreift“ sagt Nobs dazu.

Die gesamte Entwicklung der Uhren geschieht in der Schweiz. Nobs prägt denn auch den neuen Begriff der „Manufacture électronique“ – in Anlehung an die klassischen Uhrenmanufakturen (und auch hier mit einem kleinen Seitenhieb an die traditionelle Branche). Die Uhren werden nicht im idyllischen Jura, sondern in einem nüchternen Industriebau im zürcherischen Volketswil entwickelt und gebaut. Lediglich den Chip lässt man nach eigenen Vorgaben in Japan produzieren. Eine Produktion in Fernost ist kein Thema, nicht wegen der Qualität, sondern weil sie gemäss Nobs im Preissegment von Ventura schlicht keine Vorteile bringe.

„Wir haben keine Vergangenheit, sondern eine Zukunft“ ist einer der ironischen Leitsprüche von Nobs, wenn er von seiner Ventura spricht. Sein Geschäftsmodell unter dem Motto „Time has come“ könnte aufgehen – Ventura ist bis heute der einzige Hersteller von Digitaluhren in einem anspruchsvollen Kundensegment.