John Ermel gehört nicht zur Gattung Mensch, die vor schwierigen Aufgaben zurückschrecken. Mehr als 10 Jahre benötigte er für die Entwicklung seiner „Cyclos“-Uhr, die als einzige Armbanduhr mit einer 24-Stunden-DualPhase-Anzeige gilt. Echtzeit sozusagen.

Dass die „normalen“ Uhren nur 12 Stunden anzeigen, störte den Baselbieter Ermel schon lange. Von den 24-Stunden-Uhren, bei denen der Stundenzeiger eine einzige Umdrehung pro Tag macht, hält er nichts. „Weil man sich die herkömmlichen Stundenwinkel gewohnt ist, muss man beim Ablesen komplett umdenken.“ Der gelernte Architekt, Ingenieur und Designer, der unter anderem bei Santiago Calatrava assistierte, hatte seine Eingebung 1989, als er als Uhrendesigner an einer Auftragsarbeit sass. Die Idee, den Stundenzeiger auf zwei verschiedenen Umlaufbahnen für die beiden Tageshälften schicken zu lassen, sollte Ermel nicht mehr loslassen.

Ein langer Weg zur Serienreife
10 Jahre später (!) liess Ermel seine Lösung, die auf dem mathematischen Phänomen der „Pascal`schen Schnecke“ basiert, patentieren. Unter der Marke „Cyclos Watch“ erschien 2003 das Modell „day&night“ in einer auf 25 Exemplare limitierten (und rasch ausverkauften) „Initial Edition“ in Gehäusen aus Gelb- und Rotgold. Wirklich neu und einzigartig war das System eines Stundenzeigers, der dank einer ungemein cleveren Mechanik seine Länge verändert. Der Stundenzeiger beschreitet aus der selben Achse zwei Kreise für die ersten und die zweiten zwölf Stunden des Tages. Um Mitternacht ist er ganz kurz, am Mittag am längsten, doch beide Male steht er an der gewohnten 12-Uhr-Position oben auf dem Zifferblatt. Man muss das System in Aktion sehen, um seine Subtilität wirklich zu begreifen. Uhrentechnisch umgesetzt und zur Produktionsreife entwickelt wurde die Komplikation zusammen mit niemand geringerem als dem Duo Robert Greubel und Stephen Forsey, die bei Sammlerkreisen vor allem mit höchst komplexen Tourbillons für Furore sorgen.

Die Uhren von Cyclos sind seit 2003 auf dem Markt. Die verschiedenen Modelle der Kollektion sind nach allen Regeln der Kunst gearbeitet, mit viel Liebe zum Detail. Ermel investierte nicht nur viel Zeit in die eigenständige Mechanik, sondern auch in die Gestaltung von Gehäuse, Zifferblatt und Zeigern. Die internationale Fachpresse war ob der Kombination von innovativer Technik und gelungener Ästhetik des Lobes voll. Der grosse Durchbruch blieb bis heute dennoch aus. Die Cyclos ist eher ein Stück für Charaktere mit Hang zum Understatement, für den Oligarchen mit Geltungsdrang ist ihre Erscheinung zu schlicht. „Mit einem „grossen Namen“ auf dem Zifferblatt und entsprechendem Marketing-Know-How à la Jean-Claude Biver sähen die Stückzahlen anders aus“ vermutet Ermel, nach wie vor mit viel Elan und Optimismus am Werk und vom Potential seiner Ideen überzeugt.

Square Circle – die Quadratur des Kreises
Der neueste Streich des hartnäckigen Erfinders ist eine Uhr mit quadratischem Zifferblatt, deren Minutenzeiger sich in der Länge verändert und sich regelrecht bis in die vier Ecken hinaus streckt. Der Effekt ist verblüffend, geradezu poetisch. Ermel erzählt nicht ohne Stolz, dass er diese Tischuhr 2006 an der Baselworld am Stand der renommierten Académie Horlogère des Créateurs Indepéndants präsentieren durfte. Die Uhr sorgte für Aufsehen – diese Komplikation war vorher noch nie bei einer Uhr gezeigt worden.

Der Minutenzeiger wächst: Links 10 Uhr, rechts streckt sich der Minutenzeiger auf 10 Uhr und 7 Minuten.

John Ermel Square Circle

Unterdessen ist Ermel einen Schritt weiter gegangen. Es ist ihm gelungen, dieses von ihm entwickelte Hypotrochoiden-Getriebe auf die Grösse einer Armbanduhr zu miniaturisieren. Auf mysteriöse Weise läuft der Stundenzeiger ohne sichtbare Verbindung zum Zentrum als blauer Saphirpunkt auf einer quadratischen Bahn. Eine einzigartige Technik. Die geometrischen Grundformen Quadrat und Kreis werden dazu auch im Design der Uhr thematisiert. Inspiriert vom Art-Déco-Stil der „Roaring Twenties“ gestaltete John C. Ermel eine eigenwillige, markante Armbanduhr, die von der Spannung zwischen linearen und zirkularen Elementen lebt.

John Ermel Square Circle

Eine der Ikonen dieser Zeit und damit Sinnbild für die damals herrschende Aufbruchstimmung ist das legendäre Chrysler Building in New York. Die Dreiecke auf der Lunette und am Minutenzeiger sind Ermels Hommage an diese spannende Epoche.

Ermel wird die faszinierende Square Circle in kleinster Auflage mit viel Herzblut und Handarbeit in seiner eigenen Werkstätte fertigen. Wartezeiten sind folglich vorprogrammiert – doch wer wirkliche Individualität und Exklusivität wünscht, hat sich damit längst abgefunden (und besitzt meist bereits mehr als eine Uhr…).