Alle Jahre wieder öffnet die Baselworld ihre Tore, die weltweit bedeutendste Messe der Uhren- und Schmuckbranche. Die Ausgabe 2013 stand ganz im Zeichen des gigantischen Umbaus der Messehallen. Mehr als 400 Millionen Franken liess sich die Messe Schweiz AG das Umbaukonzept von Herzog & DeMeuron kosten. Damit verbunden waren Auflagen an die Aussteller, die dazu führten, dass viele von ihnen komplett neue Messestände bauten, beziehungsweise bauen mussten. Gigantismus hiess auch hier offensichtlich das Motto, und mancher Branchenkenner fragte sich besonders bei den kleineren Firmen, ob diese wohl jemals in der Lage sein würden,  soviele Uhren zu verkaufen, um diese Kosten je wieder einzuspielen.

So richtig enorm war das Angebot an Neuheiten dieses Jahr nicht – die Firmen waren vielleicht personell und finanziell so stark mit ihren neuen Auftritten beschäftigt, dass die Kreation von Uhren ein wenig in den Hintergrund gedrängt wurde. Aber es ist noch Bewegung in der Branche. Revolutionär ist sicher die Ankündigung von Swatch, mit der «System 51» ein vollautomatisch produziertes Automatikwerk mit lediglich 51 Bestandteilen auf den Markt zu bringen, dies mit einigen beachtlichen technischen Neuerungen wie beispielsweise einer neuartigen Hemmung. Auch Omega mit ihren komplett antimagnetischen Uhrwerken verdient sicher eine Erwähnung. Originelle Detailinnovationen fanden sich auch bei kleineren Produzenten, wie beispielsweise das Kabinettstückchen der «Seconde mystérieuse» bei Maurice Lacroix.

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MAURICE LACROIX Masterpiece Seconde Mysterieuse, limitiert 125 Stk.

Generell behaupten sich einige unabhängige Hersteller mehr als ordentlich. Als grosses Damoklesschwert hängt aber über vielen Produzenten die Ankündigung der Swatchgroup, sie in Zukunft nicht mehr mit Werken von ETA zu beliefern. Das führt dazu, dass sich mehrere Firmen stark im Aufbau einer eigenen Manufakturproduktion engagieren. Stellvertretend für diese Entwicklung seien hier zwei Firmen hervorgehoben: Ulysse Nardin aus Le Locle und Armin Strom aus Biel. Beide haben in den letzten Jahren konsequent auf den Aufbau einer eigenen Werkproduktion gesetzt, wenn auch in zwei ganz unterschiedlichen Grössenordnungen.

Ulysse Nardin spielt bei den Grossen mit und ist einer der wenigen unabhängigen Hersteller, der in der Halle 1 noch einen Platz behalten durfte. Die 1846 gegründete Traditionsfirma hat in den letzten Jahren mit grossem finanziellem Einsatz eine sehenswerte Produktionsstruktur aufgebaut. Sehr früh hat man – dank den Visionen des verstorbenen Firmenpatrons Rolf Schnyder –  bei Ulysse Nardin auf den Einsatz von neuen Materialien wie Silizium gesetzt und damit im technischen Bereich eine führende Stellung und eine grosse Autonomie erreicht. Gleich mehrere neue Manufakturkaliber stellte Ulysse Nardin an der Baselworld 2013 vor, unter anderem das lange erwartete neue Chronographenwerk, das wir Ihnen noch näher vorstellen werden.

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ULYSSE NARDIN Marine Chronograph Manufacture, limitiert 150 Stk.

Einen ähnlichen Weg hat die kleine Bieler Manufaktur Armin Strom eingeschlagen. Sie ist zwar weit von den mittlerweile beachtlichen Stückzahlen von Ulysse Nardin entfernt und wird das auch bleiben. Aber sie setzt mit einem enorm clever aufgebauten Maschinenpark so stark auf Eigenproduktion, dass sie mittlerweile sogar für andere unabhängige Marken gewisse Teile im Auftragsverhältnis herstellen kann. Wenn denn eine Firma dieser Grösse sogar in der Lage ist, ein Uhrwerk mit Tourbillon vollkommen inhouse zu designen, zu konstruieren und auch in Serie herzustellen, muss man den Hut vor einer solchen Leistung ziehen. Nach drei Handaufzugswerken wurde nun folgerichtig auch ein Automatikwerk vorgestellt, ganz im Stil der anderen Kaliber, aber aufgezogen von einem pfiffig integrierten und von der Zifferblattseite her sichtbaren Mikrorotor.

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ARMIN STROM Tourbillon Water

Baselworld 2013 wird nicht als die Ausgabe mit den innovativsten und bahnbrechendsten Neuheiten in die Geschichte eingehen. Statt neuen Ansätzen waren sehr oft Zitate aus der Vergangenheit gefragt. Gekonnt umgesetzt haben jedoch auch diese durchaus ihren Reiz. So haben wir trotzdem für Sie wieder viele schöne, gelungene neue Uhrentrouvaillen ausfindig machen können. Von grösseren und kleineren Produzenten. Einige davon stellen wir auf den folgenden Seiten vor.
Text: Hans Erb