Uhren, die die Mondphasen anzeigen, gibt es viele. Ihn aber so anzuzeigen, dass man ihn „richtig“ sieht, hat erst die Moonstruck von Ulysse Nardin geschafft. Dahinter steckt – einmal mehr bei der Firma aus Le Locle – der geniale Uhrenerfinder Ludwig Oechslin. Tick different war bei der Präsentation der Moonstruck im Observatorium von Nizza dabei.

Der Anblick eines riesigen Vollmondes, der den Nachthimmel überquert und die Welt in sein fahles Licht taucht, lässt niemanden unberührt, und wer ganz seiner Schönheit und Majestät verfällt, wird zu Recht als „mondsüchtig“ bezeichnet (auf Englisch: Moonstruck). Neben dieser emotionalen Wirkung des Mondes werden Seefahrer und die Anwohner der Meere mit deutlich sichtbaren Auswirkungen seiner Kräfte konfrontiert: den Gezeiten. Dieses Phänomen des Ansteigens und Fallens des Wasserspiegels ist von lebenswichtiger Bedeutung, mit Nutzen aber auch vielen Gefahren verbunden.

Ulysse Nardin Moonstruck

Die Moonstruck in Roségold

Die Idee zur Moonstruck geht weit zurück. Vor mehr als 20 Jahren entdeckte Rolf Schnyder, Inhaber von Ulysse Nardin, am Arm eines Firschers in Amerika eine Uhr, die die Gezeiten anzeigte. Krieger hiess die Marke aus Florida, es war kein grosser Designwurf und von eher billiger Machart. Aber die Funktion faszinierte Schnyder.

Zu der Zeit gab es jedoch bei Ulysse Nardin reichlich andere Baustellen, das Projekt einer Gezeitenuhr verschob Schnyder auf später. Viel später.

Die Magie des Mondes
Erst anfang dieses Jahrtausends, in einer lauen Vollmondnacht, erschien die Idee wieder in Schnyders Bewusstsein. Der Mond nämlich spielt die entscheidende Rolle beim Phänomen der Gezeiten. Schnyders Firma hatte mittlerweile bedeutende Uhren erschaffen. Insbesondere die „Trilogie der Zeit“, eine Serie von drei Uhren mit astronomischen Funktionen, verschaffte Ulysse Nardin viel Reputation bei Kennern und vor allem sehr viel Kompetenz in diesem Themenbereich. Alle drei Modelle aus der Trilogie waren nach grossen Astronomen benannt: Astrolabium Galileo Galilei, Planetarium Copernicus und Tellurium Johannes Kepler. Der grosse Denker hinter dieser Serie war Ludwig Oechslin, er schaffte es mit seinen Überlegungen, die hoch komplizierten astronomischen Zusammenhänge auf eine brauchbare und zuverlässige Anzeige in Armbanduhren umzusetzen.

Ulysse Nardin Moonstruck - Rolf Schnyder, Ludwig Oechslin und das Dream Team

Strahlen um die Wette: Anlässlich der Präsentation der Moonstruck an historisch bedeutender Stätte im Observatorium von Nizza war der Stolz des Ulysse Nardin-Teams nicht zu übersehen. Die Hauptbeteiligten am Projekt: hinten Ulysse Nardin-CEO Rolf Schnyder, der technische Direktor Lucas Humair sowie der langjährige Direktor Pierre Gygax, vorne MIH-Direktor Prof. Dr. Ludwig Oechslin und Marketing- und Verkaufschef Patrick Hofmann, hinten.

Professor Oechslin gilt als grosse Kapazität für astronomische Uhren. Im Jahr 2001 wurde seine wissenschaftliche Brillanz und seine Bedeutung als einer der weltweit innovativsten Uhrmacher gewürdigt, indem ihn die Stadt La Chaux-de-Fonds mit der Leitung des Musée International de l`Horlogerie MIH betraute, der umfassendsten und bedeutendsten horologischen Sammlung der Welt.

Oechslin steckt aber auch hinter vielen weiteren einzigartigen Innovationen von Ulysse Nardin. So erfand er die ungemein praktische Schnellkorrektur der Lokalzeit mit zwei Drückern für Uhren mit zweiter Zeitzone, konstruierte ein geniales Grossdatum, das vor- und rückwärts bewegt werden kann. Er  schuf damit die Grundlage für die GMT Perpetual, der in der Szene als die schlaueste Konstruktion eines Ewigen Kalenders gilt. Nochmals schrieben Ulysse Nardin und Oechslin schliesslich Uhrengeschichte, als 2001 der „Freak“ präsentiert wurde. Diese Uhr hat weder Zeiger noch Zifferblatt noch Krone. Bei diesem Karussell-Tourbillon mit sieben Tagen Gangreserve fungieren die beiden Werksbrücken als Zeiger und zeigen so die Zeit an. Mehrere technische Neuheiten waren in der Uhr vereint, unter anderem die „Dual Direct“-Hemmung, ein vollkommen neues Regulierorgan, das ohne den bisher unvermeidlichen Anker auskommt und das erste Uhrwerk war, das Siliziumräder verwendete, um Reibung und Massenträgheit zu vermindern. Die Medienpräsenz war enorm, und bis heute ist der Freak in seiner Art unerreicht. „Der Freak hat die Uhrenlandschaft verändert“ sagt Rolf Schnyder ohne Bescheidenheit. Und er hat gewiss nicht Unrecht damit. „Erst nach dem Freak begannen andere Hersteller, Uhren zu gestalten, die bisher unumstössliche Regeln über den Haufen warfen. Der Freak war die erste Uhr, die architektonische Elemente mit einem vollkommen offen gelegten Innenleben verband. Und der Freak inspirierte unzählige Konzepte, die man in den letzten Jahren sehen konnte“.

Die Entwicklung aller dieser Uhren wurde zum grössten Teil von derselben Crew bei Ulysse Nardin umgesetzt. „Oechslins Ideen in reale Uhren zu verwandeln ist eine hochkomplexe Angelegenheit. Von der Grundlagenarbeit bis zu fertigen Teilen ist es ein weiter Weg. Es gibt Bestandteile, deren Form technisch absolut einleuchtend ist, aber für die man zuerst einen Weg finden muss, dass man sie überhaupt produzieren kann“ erläutert uns Pierre Gygax, Ulysse-Nardin-Direktor. „Und nochmals ein grosser Schritt ist dann die Produktion in Serie.“ Konflikte zwischen dem Erfinder und den Ausführenden wären eigentlich vorprogrammiert. Doch Lucas Humair, Technischer Direktor in Le Locle, winkt ab. „Wir haben mit Ludwig Oechslin einen sehr guten Draht, die Kommunikation klappt bestens. Und er ist immer für uns da, wenn wir seinen Rat benötigen.“

Ulysse Nardin Moonstruck - Detailansicht

Detailansicht der Moonstruck von Ulysse Nardin.

Ulysse Nardin verfügt also heute über einen umfassenden Baukasten von Elementen. Und einen Patron mit vielen Ideen. Kurz nach der Lancierung des „Freak“ ging Schnyder auf Oechslin zu und konfrontierte ihn mit seiner Vision einer Gezeiten- und Mondphasenuhr.  „Ja, das sollte gehen“ war Oechslins knappe Antwort – die Antwort, die Schnyder letztlich erwartet hatte. Dr. Oechslin verzog sich also in seine Denkkammer und grübelte. Rechnete, wie immer am Anfang im Kopf, und hatte schliesslich die entscheidende Idee, wie man das umsetzen könnte. Und natürlich spielte mit, dass mit der Trilogie der Zeit und den anderen Konstruktionen schon viel Grundlagenarbeit geleistet worden war. Grundlagenarbeit, die vor allem auch zum Resultat hatte, dass sehr komplexe Funktionen „unter der Haube“ waren, aber dass die Bedienung der Uhren stets sehr intuitiv und weitgehend narrensicher war.

Die Umsetzung
Für eine schlaue, verständliche Anzeige von Mond und Gezeiten musste zuerst ein Modell definiert werden. Eigentlich dreht sich die Erde ja um ihre Achse. Um Stand von Mond und Sonne anzuzeigen, ist es aber einfacher, die Erde als fixen Punkt zu definieren und Sonne und Monde darum kreisen zu lassen.

Basis der Konstruktion bilden zwei Scheiben, eine für die Sonne und eine für den Mond. „Hier waren uns die Erfahrungswerte für die Arbeit mit langsam drehenden Scheiben aus dem Bau des Astrolabiums und des Planetariums sehr dienlich“ sagt Pierre Gygax. „Scheiben oder Räder, die schnell drehen, sind einfach. Komplex sind solche Systeme, wenn sie, wie die Mondscheibe bei der Moonstruck, nur einmal im Monat um die eigene Achse drehen.“

Wissenschaftlich korrekter Mond
Der neue, patentierte Mechanismus für die Anzeige der Mondphase besteht aus zwei übereinander gelagerten Scheiben, welche um die fixierte Erdscheibe im Zentrum rotieren. In der oberen Scheibe befindet sich ein runder Ausschnitt, der die Position des Mondes in Relation zu Erde und Sonne darstellt, während die untere Scheibe von einer Kurvenlinie in fünf goldfarbene und fünf dunkelblaue Zonen unterteilt wird, die zusammen mit der oberen Scheibe die korrekten Mondphasen anzeigen. Die beiden Scheiben drehen sich unterschiedlich schnell, und während sich der kreisrunde Ausschnitt über die untere Scheibe bewegt, erscheint darin langsam die goldene Zone und stellt den zunehmenden Mond dar, bis das Fenster vollständig goldfarben gefüllt ist und den Vollmond anzeigt. Danach wandert von rechts wieder allmählich die dunkelblaue Farbe in den Ausschnitt, der Mond nimmt ab.

Der Grund, weshalb auch die untere Scheibe rotiert, liegt in den Schwierigkeiten, eine äusserst genau Mondphasenanzeige zu konstruieren. Das Hauptproblem besteht in der synodischen Rotationsperiode des Mondes von 29,5305881 Tagen. Ein mechanisches Uhrwerk, welches eine Mondphasenanzeige antreibt, liefert üblicherweise nur Drehungsintervalle von 12 bzw. 24 Stunden und von 60 Minuten (Stunden-und Minutenzeiger), und kann deshalb mittels Zahnrädern keine Intervalle von 29,5305881 Tagen darstellen. Für eine korrekte Darstellung benötigte man ein Zahnrad mit 295.306 Zähnen. Die Realisierung scheitert daran, dass dieses Rad einen gigantischen Durchmesser haben müsste, unvereinbar mit den Dimensionen einer Armbanduhr.

Aus diesem Grund sind Hersteller mechanischer Armbanduhren gezwungen, die Umsetzung der Mondphasenanzeige stark zu vereinfachen, was Korrektureingriffe um einen Tag etwa alle drei Jahre nötig macht (siehe auch die Mondphasenuhr von Stepan Sarpaneva auf Seite 18). Die Konstruktion der Moonstruck verteilt die Rotation aber auf zwei Scheiben und vereinigt deren Bewegungen in einer Anzeige. Mit diesem Kunstgriff erreichte  Ludwig Oechslin einen äusserst hohen Grad an Anzeigegenauigkeit. Deshalb benötigt die Moonstruck theoretisch mehr als einhunderttausend Jahre, bevor ihr Mondausschnitt einen Vollmond anzeigt, obwohl tatsächlich Neumond herrscht.

Exakte globale Darstellung der Gezeiten
Der offenkundigste Einfluss des Mondes auf die Erde ist derjenige auf Ebbe und Flut, die Gezeiten (siehe auch Seite 16). Angezogen von der Gravitation des Mondes, hebt sich die Meeresoberfläche in dessen Richtung hin an und folgt ihm auf seiner Drehung um die Erde. Auch wenn Gezeitenanzeigen auf Uhren nichts Neues sind, ist die Moonstruck doch die erste Uhr, welche ihrem Träger erlaubt, die weltweiten Veränderungen der Gezeiten zu beobachten, wie sie von den Anziehungskräften von Mond und Sonne beeinflusst werden.

Für Ludwig Oechslin war es ein logischer Schritt, die astronomisch korrekte Mondphase durch ein Gezeitendisplay zu ergänzen, welches eine – grobe – Ablesung der Gezeitentendenz an einem gegebenen Punkt gestattet.

Durch die rotierenden Darstellungen von Sonne und Mond ist es darüber hinaus sogar möglich, die kumulativen und subtraktiven Wirkungen ihrer Anziehungskräfte zu erkennen, die in Springfluten und Nipptiden resultieren. Das Gezeitendisplay der Moonstruck abzulesen ist denkbar einfach: Sowohl die Sonnen- als auch die Mondscheibe weisen dunkelblaue Sektoren auf, welche die Anziehungskräfte dieser beiden Himmelskörper und auch die Zentrifugalkraft der Erdrotation darstellen. Die Sektoren um Sonnensymbol und Mondfenster stehen für ihre Gravitation, welche die Ozeane nach oben zieht. Die kleineren Sektoren auf der gegenüber liegenden Seite stellen die Gezeitenberge dar, welche als Auswirkung der Fliehkraft
der Erde entstehen.
Dual-Time-System für die schnelle Zeitverstellung
Neben den astronomischen Anzeigen ist die Moonstruck aber auch eine sehr praktische Uhr mit hohem Bedienungskomfort. Die Fähigkeit, den Stundenzeiger in Einstundensprüngen vor- und rückwärts schnell zu verstellen, indem man sich einfach der beiden Drücker an der linken Gehäuseseite bedient ist von den legendären Dual Time-Modellen von Ulysse Nardin bereits bestens bekannt. Reisende, die oft ihre Zeitzone wechseln, werden um das Feature froh sein. Stunden- und Minutenzeiger sind mit  Superluminova beschichtet und darum auch nachts gut ablesbar.

Ein dritter Zeiger, erkennbar durch die markant Pfeilspitze, zeigt das aktuelle Datum an. Dieser Zeiger kann schnell und zu jeder Tageszeit, sowohl vor- als auch rückwärts eingestellt werden.

Nobles, elegantes Gehäuse
„Die Zeit des Bling“ und des grenzenlosen Wachstums von Gehäusen ist vorbei“ erklärte Rolf Schnyder bei der Moonstruck-Präsentation. „Wir wollten vielmehr eine elegante Uhr schaffen.“ Stolze 46 mm Durchmesser  bringt die Moonstruck dennoch auf den Arm. Kleiner war die Komplikation nicht hinzukriegen.

Geniales Werk
Angetrieben wird die Moonstruck vom Manufakturkaliber UN-106, das von Ulysse Nardin komplett inhouse gefertigt wird. Es besitzt eine Ankerhemmung aus Silizium. Auch die Unruhespirale wird mit neuester Siliziumtechnologie gefertigt. Das Werk mit beidseitigem automatischem Aufzug verfügt über eine Gangreserve von ca. 50 Stunden.

Ulysse Nardin Moonstruck - das Werk

Das Werk der Moonstruck ist ein richtiges Manufakturkaliber. Es wird von Ulysse Nardin entwickelt und wird in den Produktionsstätten in Le Locle und La Chaux-de-Fonds vollkommen inhouse gefertigt.

Ulysse Nardin Moonstruck - Werk in Grossansicht

Detailansicht des Werks

Limitierte Serie
Die Moonstruck wird in zwei Varianten angeboten, entweder in einem Gehäuse aus 18 Kt. Roségold oder in Platin, beide mit integriertem Alligatorband. Sowohl auf der Vorder- als auf der Rückseite sind die Saphirgläser antireflexbeschichtet. Die rotierenden Scheiben sind mit Perlmutt belegt, die Erde in der Mitte ist eine Handmalerei. Die Lunette mit den vertieften Zahlen der Datumsskala ist aus dunkelblauer High-Tech-Keramik und damit vollkommen kratzfest. Die Uhr wird in einer limitierten Serie von je 500 Exemplaren hergestellt.

Beispiele für die Anzeige der Zeit:

moonstruck_anzeigen_1.jpg

moonstruck_anzeigen_2.jpg

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